Verrückt bleiben!

Die verbleibenden Wochen bis zum Schuljahresende kann ich inzwischen an einer Hand abzählen. Dann ist an der derzeitigen Schule Schluss. Das steht fest.

Was leider noch immer nicht feststeht, ist, wie es nach den Sommerferien weiter geht.

Das Ministerium in unserem Heimatbundesland empfahl, im Nachbarbundesland einen Härtefallantrag zu stellen und zu begründen, weshalb es nicht möglich ist, dass Saskia im eigenen Bundesland zu Schule geht. Erste Frage des Zuständigen im Nachbarbundesland: „Und wer bezahlt das?“ Jooo … Sehr nett.

Wir haben mit vielen Menschen gemailt, telefoniert und videofoniert:

  • Mit dem Direktor der Förderschule im Ort, der uns mit vielen Tipps unterstützt hat und auch dafür gesorgt hat, dass Saskia auf eine Liste kam, auf der die Schüler erfasst wurden, für die die Gastschulplätze nicht ausreichten und mit der beim Ministerium weitere Gastschulplätze beantragt wurden.
  • Mit der Reha-Beraterin der Arbeitsagentur, die uns bescheinigte, dass einerseits kein geeigneter Schulplatz im eigenen Bundesland zur Verfügung steht, Saskia aber andererseits noch Zeit für die weitere Reifung und Persönlichkeitsentwicklung benötigt und die gleich noch ein ärztliches Gutachten in Auftrag gab.
  • Mit dem Schulrat unseres Kreises
  • Mit dem Bildungsministerium unseres Bundeslandes
  • Mit der Schulbehörde des Nachbarbundeslandes
  • Mit dem Klassenteam und der Schullleiterin von Saskias derzeitiger Schule
  • Mit der Leiterin des beruflichen Zweiges der (hoffentlich) künftigen Schule, die uns vorschlug, Saskia könne ja ins schuleigene Internat ziehen und würde damit im „richtigen“ Bundesland wohnen, um dort dann auch in die Schule zu gehen.
  • Mit der Leiterin des Internats, die uns erklärte, dass für die Beantragung des Internatsplatzes zuerst der Schulplatz sicher sein müsse. Tja.
  • Mit der Eingliederungshilfe, da die Schulbehörde höchstwahrscheinlich die Beförderung nur bis zum 10. Schuljahr übernimmt.

Mit einigen der genannten Menschen hatten wir immer wieder Kontakt, mit anderen nur einmalig.

Wir haben im Nachbarbundesland einen Härtefallantrag gestellt, auf den wir bislang keine Antwort haben. Wir haben inzwischen eine Zusage der Schule, auf die wir Saskia gern schicken möchten. Und wir haben über mehrere Ecken eine mündliche Zusage der Referentin unseres Bildungsministeriums, dass wir eine Genehmigung für den weiteren Schulbesuch im Nachbarbundesland bekommen, wenn wir bestimmte Anträge und Bescheinigungen beim Schulrat einreichen. Das haben wir getan, aber schriftlich gibt es bislang nichts und ich bin inzwischen viel zu misstrauisch, um mich auf mündliche Zusagen zu verlassen.

Zwischenzeitlich erhielten wir das Gutachten des ärztlichen Dienstes der Arbeitsagentur, in dem leider nur stand, dass man nichts begutachten konnte, weil nicht genügend Unterlagen und Zeugnisse vorgelegen hätten. Uff! Nicht nur, dass wir etliche Unterlagen mit eingereicht und Schweigepflichtsentbindungen für verschiedene Ärzte unterschrieben hatten, es kam offenbar auch niemand auf die Idee, mal bei uns nachzufragen (wir haben so ziemlich alle Arztberichte als Kopie und hätten sie vorlegen können und natürlich auch die Zeugnisse – von denen vorher nie die Rede war). Ich gebe zu, das hat mich sehr geärgert. Die Reha-Beraterin sah das zum Glück ähnlich und öffnete den Fall erneut – mit dem Ergebnis, dass nun nicht mehr nach Aktenlage begutachtet werden sollte, sondern „Frau Saskia X.“ eine schriftliche Aufforderung erhielt, sich doch am soundsovielten um 10 Uhr mit ihren gesetzlichen Vertretern bei der Arbeitsagentur in der Kreisstadt einzufinden. Auch nett. Ist ja nur eine knappe Dreiviertelstunde Autofahrt pro Richtung (oder alternativ gut anderthalb Stunden mit Öffis), aber ich hab ja ohnehin viel zu viele Urlaubstage, die nutze ich natürlich gern für solche Termine. Nun gut, inzwischen ist das auch erledigt und wir haben haben es schriftlich, dass derzeit keine Ausbildungsreife auf dem 1. Arbeitsmarkt besteht.


Die Überschrift ist eine Reminiszenz an Dieter Hildebrandt in „Linie 1“ – der Film hat nichts mit dem Thema zu tun, aber der Satz fällt mir bei dem ganzen Theater durchaus öfter mal ein.

Wir suchen Dich!

Du bist Bundestagsabgeordnete oder Bundestagsabgeordneter und hast vor FÜR den Gesetzentwurf für die Pflegereform 2021 zu stimmen?
Du freust Dich total über Euren Clou mit der neuen Verhinderungspflege? Du bist aber im neuen Bundestag nach der Wahl seltsamerweise nicht mehr mit dabei und auf der Suche nach einem neuen Job?

Dann bist Du genau der/die Richtige!

Wir suchen dringend ab der zweiten Jahreshälfte, wenn nach dem neuen Gesetz unser nun deutlich gekürztes Budget für die Verhinderungspflege längst aufgebraucht ist, zweimal die Woche für je 4 Stunden eine Betreuungsperson für unser behindertes Kind. Jemanden, der darauf brennt, rund um die Uhr für die Bedürfnisse eines kleinen behinderten Menschen da zusein, anstatt den eigenen zu folgen.

Und das sind Deine Stärken:

  • Du bist zeitlich äußerst flexibel
  • Du stellst Dich gerne auf immer neue Situationen ein
  • Deine Umgang ist beruhigend, liebevoll und zugewandt
  • Es macht Dir nichts aus, wenn alle Deine Kommunikationsversuche unbeantwortet bleiben
  • Du spielst gerne und ausdauernd Ball
  • Du liebst es stundenlang Bücher vorzulesen
  • Windeln wechselst Du aus dem Effeff
  • Du fütterst mit großer Geduld
  • Im Anschluss die verkleckerte Kleidung zu wechseln ist ein Klacks für Dich
  • Die ambitionierte Bedienung eines Talkers findest Du total easy
  • Einen Rollstuhl oder einen Rollator bedienen – kein Problem für Dich
  • Orthesen an – und ausziehen ist Dein Steckenpferd
  • Deine Nerven sind stahlhart und werden auch nicht von ausgiebigem Brummen ins Wanken gebracht
  • Coole Ideen zur Förderung der Selbständigkeit hast Du am laufenden Band
  • Aber es ist auch ok für Dich, wenn nicht eine davon angenommen wird
  • Lange Spaziergänge, bei denen Du einen Rollstuhl schiebst, findest Du toll
  • Dein Rücken freut sich geradezu darauf, unser fast 16 jähriges Kind mehrfach zu heben oder zu tragen oder umzusetzen
  • Deine Geduld geht Dir nie aus
  • Du liebst es eine neue Sprache zu erlernen, auch wenn sie aus unverständlichen Worten besteht
  • Du hast keine Angst davor, mit einem behinderten Kind den Spielplatz zu besuchen
  • Die Blicke der Leute prallen an Dir ab

Hier wartet ein Langzeitjob auf Dich!

Na, haben wir Dein Interesse geweckt?

Das ist toll.

Dank Deines Einsatzes gewinnen wir ein paar Stunden in der Woche um komplikationslos einkaufen zu gehen, wichtige Erledigungen zu tätigen, ohne Anhang einen Arzt aufzusuchen oder uns einfach mal einen kurzen Moment von unserer anstrengenden 24/7/365 Pflegetätigkeit auszuruhen.
All das leistest Du sicher gerne ohne Bezahlung!

Denn durch Dein neues Pflegegesetz haben wir leider kein Budget mehr, um Dich für Deinen Einsatz entsprechend zu entlohnen. Wie blöd!
Aber Dankbarkeit reicht ja vielleicht auch!

Wenn Du Dich in dieser Anzeige wiederfindest, laden wir Dich herzlich ein schon jetzt einmal für 4 Stunden an einem Tag Deiner Wahl zum Probearbeiten bei uns vorbeizukommen!

Denk nach für was Du abstimmst!

Eine längere Kurzzeitpflege – wie Ihr sie in Eurem neuen Gesetz geplant und für dringend nötig befunden habt – brauchen wir Familien mit behinderten Kindern so gut wie nie.

Brauchten wir übrigens auch vor der Reform nicht. Unser Alltag lässt selten eine langfristige Planung zu, die aber nötig wäre um einen der wenigen freien Kurzzeitplätze zu ergattern. Und der Aufwand mit einem Transport des gesamten benötigten Equipments steht selten in einem Verhältnis zum akut benötigten kurzen Zeitbedarf. Ein Einkauf, Behördengang oder Arztbesuch umfasst übrigens auch äußerst selten mehrere Tage.
Zudem bedeutet es für viele behinderte Kinder eine enorme Belastung sich kurzfristig und jeweils von Neuem in einer fremden Situation unter fremden Menschen an einem fremden Ort zurechtzufinden.

Ein flexibel nutzbares Budget für die Pflegeverhinderung wäre das einzig Richtige.

Aber das wisst Ihr sicher längst. Ihr habt Euch im Vorfeld ja ganz bestimmt entsprechend betroffene Familien an den Tisch geholt, um eine Vorstellung der Situation in der privaten Pflege zu bekommen, oder etwa nicht?


Der Text ist nicht von mir, sondern von Karoline Burgmann. Allerdings kann ich ihn – wie viele Eltern von behinderten Kindern – ohne Probleme unterschreiben. Die geplante Pflegereform soll die Kurzzeitpflege stärken. Das ist sicher toll, nützt aber in der Praxis (zumindest bei behinderten Kindern) wenig. Es gibt kaum Kurzzeitpflegeplätze für Kinder und die wenigen sind bereits Monate vorher ausgebucht. Unbürokratische Verhinderungspflege (egal ob durch Pflegedienst oder Bekannte), die auch spontan einspringen kann, wenn sie benötigt wird, das ist es, was fehlt. Wir nutzen seit Jahren alle Töpfe (Verhinderungspflege, Kurzzeitpflege, Entlastungsbetrag aka zusätzliche Betreuungsleistungen), für ein paar Tage Kurzzeitpflege im Jahr und um einmal in der Woche einen freien Abend zu zweit zu haben (3,5 Stunden) und zahlen am Ende trotzdem einen großen Betrag selbst (außer im vorigen Jahr, wo wir schlicht kaum Ersatzpflege nutzen konnten). Künftig soll es auch nicht mehr möglich sein, nicht genutzte Gelder aus der Kurzzeitpflege für die stundenweise Verhinderungspflege zu nutzen. Das ist Mist! Denn die Kurzzeitpflege kann oft gar nicht komplett genutzt werden (siehe oben).  Kurzzeitpflege stärken ist sicher  eine gute Idee – aber bitte nicht zu Lasten der Verhinderungspflege und nicht auf dem Rücken behinderter Kinder und Eltern!

Weitere Informationen zum geplanten Gesetz gibt es unter anderem hier:
Pflegereform 2021: einmal Rolle rückwärts oder hier (Pflegedschungel – Pflegereform 2021)

#pflegereform2021
#verhinderungspflege2021
#pflegendeangehoerigeohnelobby
#mehrkurzzeitpflegeistnichtdieloesung
#Saskiaisteinevonvielen

Brief von der Schule

Diese Woche erhielten wir einen Brief von der Schule, dass „das Küchenpersonal zum 1. Juli abgezogen“ werde. Ohne Küchenpersonal sei aber die Ausgabe des Mittagessens und der anschließende Abwasch nicht möglich und ohne Mittagessen kein Ganztagsbetrieb.

Man hoffe noch auf eine Einigung, ansonsten könne entweder der Ganztagsbetrieb oder der gesamte Schulbetrieb eingestellt werden. 😯

Ähmmm. Ja. Also. Ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll. Vielleicht: Habt ihr in der Schulverwaltung (oder wo auch immer der „Abzug des Küchenpersonals“ beschlossen wurde) den Schuss nicht gehört? 😕 Geht’s noch? Und was ist eigentlich mit der Schulpflicht?

Zurück in die Zukunft

Die CDU schlägt ein zweigliedriges Schulsystem aus „Oberschule“ und „Gymnasium“ vor, rudert dann aber wieder zurück und meint, die Länder sollen mehr Gestaltungskompentenz erhalten. Super-Idee mit den Länderkompetenzen im Bildungswesen. Wohin das führt, sieht man doch an dem derzeitigen Wildwuchs. Egal ob es Gesamtschulen, Hauptschulen, Realschulen, Stadtteilschulen, Gemeinschaftsschulen, Mittelschulen oder was auch immer sind – jedes Bundesland kocht sein eigenes Süppchen. Tolle Sache, wenn andererseits Mobilität von den Eltern gefordert wird und man nicht mal weiß, welche Schulformen es dieses Jahr gerade im Nachbarbundesland 10 km weiter gibt.

Das Konzept „Oberschule und Gymnasium“ kommt mir andererseits bekannt vor. Woher bloß? Ach ja, da war ja noch was – damals in der DDR gab es eine Polytechnische Oberschule für alle und die Möglichkeit, anschließend (an der erweiterten Oberschule oder in Form einer Berufsausbildung) Abitur zu machen, für die, die die entsprechenden Leistungen hatten. Damals konnte man dieses Konzept gar nicht schnell genug abschaffen. Warum eigentlich?

Inzwischen stellt man fest, dass Hauptschulen nicht das Gelbe vom Ei sind und versucht, sie irgendwie mit den Realschulen zusammen zu rühren. Einen Abschluss unterhalb des Abiturs, der gesellschaftlich anerkannt ist, gibt es aber nicht. Woher kommt eigentlich dieser Drang, dass möglichst „jeder“ irgendwie Abitur machen muss? Zu DDR-Zeiten waren es etwa 10% eines Jahrgangs, heute sind es 40-60% – und ich glaube nicht, dass wir damals dümmer waren. Der normale Weg war aber eben, ohne Abitur eine Ausbildung zu machen und nur die, die studieren wollten, machten auch Abi.

Auch wenn mich das Thema nur am Rande betrifft, bin ich sehr gespannt, wohin die Schulpolitik uns in Deutschland in den nächsten Jahr(zehnt)en führen wird.

Wahlprognose

Nachdem ich neulich bei der großen Show der Naturwunder gelernt habe, dass Kinder die Wahlergebnisse voraussagen können (anhand von Fotos der Kandidaten wählen sie den Vertrauenswürdigsten und liegen wohl in über 80% der Fälle richtig), wollte Saskia heute malen. Aus Anlass der Wahl in Mecklenburg-Vorpommrn griff sie zielgerichtet zum grünen Stift. Das heißt dann doch wohl, dass die Grünen in den Landtag einziehen, oder?

Wahlprognose

Der Alltag hat uns wieder

Beim Rückflug gab es zwar in Amsterdam reichlich Verzögerungen, so dass wir letztlich etwa eine dreiviertel Stunde später hier landeten als geplant, aber ansonsten hat alles geklappt. Saskia hängt ziemlich in den Seilen, hat aber die Tage mit Oma und Opa gut überstanden. Oma und Opa sind jetzt vermutlich urlaubsreif und inzwischen auch wieder zu Hause angekommen. Morgen beginnt dann der ganz normale Alltagswahnsinn wieder – was ich mir im Moment noch gar nicht vorstellen kann 😐

Ich bin sehr gespannt, wie es im Kindergarten laufen wird, vermutlich sind (wie jedes Jahr) noch etliche Kinder im Urlaub (besonders die, deren ältere Geschwister noch Schulferien haben). Außerdem war der Beginn des neuen Kindergartenjahres traditionell auch immer der Zeitpunkt, zu dem die neuen Zivis im Kindergarten anfingen – früher waren sie das ganze Jahr da, dann noch 9 Monate, der letzte nur noch 6 Monate – seit Februar gibt es keine Zivis mehr im Kindergarten. Fürs neue Kindergartenjahr hatte sich bis zu den Ferien nur ein Freiwilliger gemeldet, der in Saskias Gruppe eingesetzt werden soll – die anderen Gruppen, die bisher ebenfalls Zivis oder FSJler hatten, gehen vermutlich leer aus, falls sich nicht über die Sommerferien noch Freiwillige gefunden haben. Nicht besonders überraschend, finde ich, aber auf mich hört ja niemand.

Und wie heißen die neuen Zivis Freiwilligen eigentlich? Bundesfreiwilligendienstler? BFDler? Bufdis?

Ich bin gespannt, wie der Kindergarten mit diesen unbesetzten Stellen umgeht – allerdings vermute ich, dass ich das im Laufe von Saskias letztem Kindergartenjahr wohl nicht mehr erfahren werde, denn so schnell wird da sicher kein Ersatz geschaffen.

Atomausstieg

Die Bundesregierung ist nun plötzlich doch für den Atomausstieg und die Energiekonzerne reagieren erwartungsgemäß etwas unwillig auf diese Idee. Dann klagt mal schön! schreibt Georg Schwarte in seinem Kommentar an die Adresse von e.on und vermutlich demnächst auch die anderen AKW-Betreiber in Deutschland. Ich schließe mich seiner Meinung an, dass es hier einfach um jede Menge Geld geht und einem aktiennotierten Unternehmen ja kaum etwas anderes übrig bleibt, als dagegen zu klagen.

Zitat: „Es dürfte vermutlich nicht bei der einen Klage bleiben. Der Atomausstieg ist eine feine Sache. Sagen Umweltschützer zu Recht. Arbeitssuchende Juristen sehen das vermutlich sehr ähnlich.“

Schade nur, dass die Kosten der Klagen letztlich wohl wieder die Steuerzahler zahlen müssen. Ich hoffe nur, dass sich die Idee mit den AKWs im „Standby-Betrieb“ nicht noch durchsetzt, sondern lieber ein sinnvoller Ausstiegsplan erarbeitet wird. Sonst legt Ende 2021 jemand auf einen Schlag die Schalter um und es wird wirklich dunkel, weil sich bis dahin keiner ernsthafte Gedanken gemacht hat.