Was bisher geschah

Bevor ich hier zum ganz alltäglichen Wahnsinn komme, eine kleine Vorstellung und ein bisschen Vorgeschichte.

Wir sind eine ganz normale Kleinfamilie: Vater, Mutter, Kind und leben seit 7 Jahren in einer Kleinstadt im Speckgürtel einer Großstadt und ca. 500 km entfernt von Verwandtschaft und Freunden. Unsere Tochter war ein Wunschkind, die Schwangerschaft verlief absolut problemlos, die Geburt war schrecklich, aber schließlich hielt ich ein wunderschönes Baby im Arm. Saskia war ein gesundes Baby, das vom ersten Tage an immer beschäftigt werden wollte. Einfach irgendwo rumliegen und in die Luft gucken, das war nicht ihre Sache. Sie wollte dabei sein und gab erst Ruhe, wenn man sie auf den Arm nahm oder mit ihr spielte. Im Liegen schrie sie oft und immer mit voller Kraft. Es wurde KISS vermutet und ein Halswirbel eingerenkt. Danach wurde es allmählich besser, aber den ganz großen Durchbruch brachte die Behandlung nicht. Im Alter von 7 Monaten begann Saskia zu krabbeln und war von diesem Zeitpunkt an deutlich zufriedener – vermutlich, weil sie nun endlich alles erreichen konnte.

Den ersten Fieberkrampf hatte Saskia nach einer Impfung – damals dachten wir noch nicht an Epilepsie und machten uns relativ wenig Sorgen, schließlich haben viele Kinder irgendwann einmal einen Fieberkrampf. Nach einem Vierteljahr gab es den zweiten Fieberkrampf im Rahmen einer Erkältung. Mit ca. anderthalb Jahren brach schließlich die Epilepsie aus. Was ich zunächst für nicht sooo tragisch hielt (denn schließlich lässt sich Epilepsie ja meist recht gut behandeln), bestimmt nun seit 2,5 Jahren unser Leben. Leider hat sich die Epilepsie als sehr hartnäckig erwiesen und widersetzt sich bislang jeglicher Therapie.

Aus meiner ehemals (besonders motorisch) sehr fitten Tochter ist durch viele, viele Anfälle und vermutlich auch durch Nebenwirkungen der Medikamente inzwischen ein schwerbehindertes, stark entwicklungsverzögertes Kind geworden, das pausenlose Betreuung und Beaufsichtigung braucht.

Auf der einen Seite gibt es die Hoffnung, dass irgendwann (hoffentlich bald!) alles gut wird und wir die Anfälle zumindest so weit in den Griff bekommen, dass ein normales Leben möglich ist. Auf der anderen Seite steht die Verzweiflung, wenn es trotz Medikamenten und Schutzhelm immer wieder zu heftigen Anfällen mit bösen Verletzungen kommt, wenn Medikamente nicht oder nur kurzzeitig helfen und die Entwicklung nun schon seit über 2 Jahren stagniert.

Unser Leben ist anstrengend geworden: Körperlich, weil man Saskia ständig in gebückter Haltung nachlaufen muss, um sie zu halten bzw. zu sichern oder sie heben oder tragen muss und psychisch, wegen des oben beschriebenen Zwiespalts zwischen Hoffnung und Verzweiflung, aber auch wegen der ständigen Auseinandersetzung mit Krankenkasse, Pflegeversicherung, Ämtern, Sanitätshäusern und Ärzten. Wir haben inzwischen viele Formulare ausgefüllt, Anträge gestellt und Widersprüche geschrieben, uns über unsinnige Gesetze und Regelungen geärgert und nebenbei überlegt, welche Medikamente wir denn nun in welcher Reihenfolge einsetzen und ob die Geschwindigkeit für die Eindosierung oder das Ausschleichen wohl die richtige ist.

18. September 2009