Doch keine Superhelden

Gut 3 Jahre haben wir es geschafft, uns nicht mit Corona zu infizieren – trotz schulpflichtiger Tochter, trotz nahezu täglicher Nutzung von Bus und Bahn und (zumindest bei mir) regelmäßiger Arbeit im Büro (der beste Ehemann von allen war ja zwei Jahre fast ausschließlich im Homeoffice und ist auch jetzt nur ca. einen Tag pro Woche im Büro). Da kann man sich ja schon fast für unbesiegbar halten. Leider nur fast. Am zweiten Mai-Wochenende hatten wir Besuch von den Schwiegereltern und passend dazu erzählte Saskia von allen möglichen Zipperlein: Die Nase liefe ständig, womöglich hätte sie Heuschnupfen, eine Klassenkameradin hätte das auch und ließe sich jetzt testen und vielleicht sollte sie sich auch testen lassen. Außerdem war mal wieder alles anstrengend und die Fußgelenke täten weh – da mein Kind leider ein Stubenhocker ist und gern mal jammert, wenn wir ein bisschen länger draußen unterwegs sind, wurde das erstmal als das übliche Gemecker abgetan … Am frühen Samstag Abend (13.5.), als wir im Garten grillten, wirkte sie dann aber wirklich ziemlich erkältet, gewann damit ein Erkältungsbad und eine dicke Bettdecke, um sich gesund zu schlafen und bis spätestens Mitte der Woche wieder fit zu sein. Denn am Mittwoch Mittag wollte Saskia mit der Lebenshilfe zur jährlichen Himmelfahrts-Freizeit fahren, während ich mit dem besten Ehemann von allen einen Kurzurlaub übers verlängerte Wochenende geplant hatte, um auch mal während Saskias Abwesenheit ein bisschen Zeit für uns ohne Alltag zu haben.

Am Sonntag war Saskia etwas verschnupft, wir frühstückten allerdings noch mit allen Großeltern, bevor die Schwiegereltern sich auf den Heimweg machten. Ansonsten lief alles recht normal, meinen leicht kratzenden Hals am Abend ignorierte ich weitgehend. Hatte ich mich wohl bei Saskia angesteckt. Am Montag Morgen ließ sich dann allerdings nichts mehr ignorieren: Ich hatte Halsschmerzen, war heiser und fühlte mich insgesamt sehr matschig. Ins Büro würde ich so mit Sicherheit nicht fahren. Der erste Corona-Test lieferte ein etwas verwirrendes Bild, der zweite war eindeutig positiv. Mist. Ich meldete mich krank, verkroch mich wieder im Bett und verschlief fast den gesamten Tag. Ich fühlte mich fiebrig, das Thermometer zeigte allerdings nur 36,4 °C, ich war wie erschlagen und sehr müüüüde. Die Nacht zum Dienstag war dann richtig doof – nach fast 24 Stunden rumliegen tat mir alles weh, ich konnte nicht schlafen, obwohl ich noch immer sehr müde war. Am Dienstag war dann auch der Test des besten Ehemanns von allen positiv – brauchten wir wenigstens nicht mehr auf mögliche Ansteckung zu achten. Saskia ging es inzwischen – bis auf hartnäckigen Husten – wieder recht gut, ihre Freizeit hatten wir abgesagt. Da sie Ferien hatte, verbrachte sie die Zeit in ihrem Zimmer an Handy und Tablet, ich hatte mich inzwischen aufs Sofa geschleppt und der beste Ehemann von allen bemühte sich heldenhaft um Krankschreibungen für die Erwachsenen, denn arbeitsfähig war niemand von uns. Da unser Hausarzt wegen Renovierung geschlossen hat, die Vertretung am Montag Nachmittag nicht geöffnet hatte und 116117 nicht wirklich hilfreich war, ging es am Dienstag in die nächste Runde – schließlich durften wir unsere Versichertenkarten in den Briefkasten stecken und am Nachmittag mit der Krankschreibung von jemandem ohne Corona wieder abholen lassen. Das übernahm dankenswerterweise eine Freundin.

Den Rest der Woche dümpelten wir hier so vor uns hin. Saskia einigermaßen fit, wir Eltern deutlich in den Seilen hängend. Rückfragen bei meiner Mutti und den Schwiegereltern ergaben, dass wir zumindest niemanden aus der Ü70-Fraktion angesteckt hatten. Immerhin etwas. Unsere Tests blieben sehr deutlich positiv, ich hustete mir fast die Lunge aus dem Hals, hatte Schmerzen und war weiterhin kaum zu irgendetwas zu gebrauchen. Wir lernten den Rewe-Lieferservice kennen, der uns am Samstag Nachmittag mit den wichtigsten Sachen versorgte. Das klappte sehr gut, ich werde es an meine Mutti weiterempfehlen, da sie zwar ganz gern noch selbst einkaufen geht, es ihr aber sehr schwer fällt, die Sachen in die Wohnung zu schleppen.

Anfang der neuen Woche waren die Tests bei Saskia und mir noch immer deutlich positiv, Saskia würde also nicht in die Schule gehen und ich hustete noch immer so sehr, dass selbst Homeoffice zu anstrengend war und so begann eine neue Runde im Spiel „Ich brauche eine Krankschreibung“. Der Hausarzt hatte noch immer geschlossen, die Vetretung, die uns in der vorigen Woche krank geschrieben hatte, war diese Woche nicht zuständig und die diese Woche zuständige Vertretung brauchte nun auch erstmal wieder meine Karte und ich bekam zu hören, wenn ich keine Symptome hätte, könne ich trotz positivem Test ins Büro. Schon lustig – denn in die Praxis sollte ich mit positivem Test nicht kommen. Da ich allerdings eindeutig Symptome hatte, bekam ich schließlich eine Krankschreibung für diese Woche.

Dienstag Abend war Saskias Test dann endlich negativ, so dass sie ab Mittwoch wieder zur Schule gehen konnte, der beste Ehemann von allen verbrachte die Woche im Homeoffice und ich bin die einzige, die immer noch schlaff auf dem Sofa rumhängt und vor sich hin hustet. Mein Test war dann am gestrigen Donnerstag endlich wieder negativ, aber wirklich fit fühle ich mich nicht. Das Husten schlaucht und bringt mich um den Schlaf, ich bekomme hier kaum etwas auf die Reihe und bin sehr gespannt, wie ich nächste Woche im Büro durchhalten soll. Wird auf jeden Fall spannend.

Alles Fake, oder was?

Ich habe seit ca. 10 Jahren das Blog einer jungen querschnittgelähmten Frau in meiner Blogroll, dachte ich jedenfalls. Seit anderthalb Wochen ist das leider nicht mehr ganz so sicher. Es gibt Indizien, dass Jule Stinkesocke möglicherweise nicht existiert. Fakt ist, dass die Profilfotos im Blog, bei Twitter und Mastodon nicht Julia G. aus Norddeutschland zeigen, sondern eine junge Frau aus Australien. Tja. Soweit, so unspektakulär. Dass jemand nicht das eigene Gesicht als Avatar verwendet, ist in sozialen Medien nun wirklich nicht ungewöhnlich. Im Impressum ihres Blogs steht (seit vielen Jahren) ein Männername – Markus Weber – als Ansprechpartner mit der Begründung, dass sie nicht mit eigenem Namen und Adresse für Stalker auffindbar sein möchte. Allerdings gibt es nun zahlreiche Menschen, die der Meinung sind, da Jule (auch bei Preisverleihungen) nie persönlich in Erscheinung getreten sei, könne sie auch gar nicht echt sein und Markus Weber, der inzwischen Lindemann heißt, im Rollstuhl sitzt und in Hamburg behinderte Jugendliche im Schwimmen trainiert, hätte sich alles nur ausgedacht. Beweise dafür gibt es nicht, aber zahlreiche Medien von Bild bis ZDF, von Podcast bis Tageszeitung berichten darüber – die meisten mit dem Tenor, wie schrecklich es doch sei, dass „ein mittelalter Mann“ sich diese Geschichten ausgedacht habe, obendrein von Spenden profitiere und irgendwelche wilden Fetische bediene.

Mich ärgert diese Vorverurteilung und die Unterstellung, es ginge im Blog und auch bei Twitter vorrangig um Sexualität, seltsame Fetische (nein, ich werde hier nicht ins Detail gehen), ganz allgemein Schmuddelkram und nicht zuletzt persönliche Bereicherung durch eine Spendenaktion. Außerdem sei es schlecht für behinderte Menschen, denen nun noch weniger geglaubt werde, als ohnehin schon, weil die Geschichten total überzogen und unglaubwürdig wären und falls sich junge Mädchen an Jule gewendet hätten in der Überzeugung, mit einer jungen Frau zu kommunizieren und ihr Herz auszuschütten oder Hilfe zu suchen, in Wirklichkeit aber eben Markus diese Nachrichten erhalten hätte, sei das ganz schlimm.

Ich weiß nicht genau, wann ich das Blog entdeckt habe – irgendwann zwischen 2010 und 2012 dürfte es gewesen sein – ich kann aber sagen, ich habe es komplett gelesen. Nicht an einem Stück, sondern eben immer dann, wenn es neue Beiträge gab. Wie das so ist, lagen manchmal nur Stunden, manchmal auch Monate dazwischen – vielleicht ist die Wahrnehmung anders, wenn man es geballt liest. Ich habe die Geschichten aus Jules Alltag mit Behinderung und Rollstuhl gern gelesen und finde sie – nach meinen eigenen Erfahrungen mit behindertem Kind und über Jahre auch mit Reha-Buggy und Rollstuhl unterwegs – längst nicht so unglaubwürdig, wie sie teilweise dargestellt werden. Es geht um Unfallfolgen und sich zurück ins Leben kämpfen und Freunde finden und auch darum, was eine Querschnittlähmung für die Blasenkontrolle bedeutet. (Spoiler: Nichts Gutes!) Zwischendurch gab es Beiträge über Verliebtsein, Sexualität und auch Selbstbefriedigung, aber sorry, der Porno, den einige daraus machen, war es, meiner Meinung nach, nicht.

Richtig übel stößt mir auf, dass immer und immer wieder Sätze über Auscheidungen o.ä. ohne Kontext zitiert werden und empört darauf hingewiesen wird, dass das eben nicht von einer jungen Frau, sondern von einem Mann stamme, der sich mit solchen Themen offenbar Befriedigung verschaffe. Und wer das nun immer noch nicht glaube, dem sei nicht mehr zu helfen. Hmpf. Vielleicht ist das so. Vielleicht bin ich zu leichtgläubig. Aber sollte nicht bis zum Beweis der Schuld die Unschuldsvermutung gelten? Und was würde Schuld hier eigentlich rein rechtlich bedeuten? Falls Markus sich Jule ausgedacht hat, wäre das justiziabel? Spenden für ein neues Auto bzw. den behindertengerechten Umbau hat Markus 2020 tatsächlich per Paypal erhalten, nachdem Jule bei Twitter darauf hingewiesen hatte. Falls Jule sein eigener Zweitaccount war, wäre das moralisch wahrscheinlich verwerflich, aber rechtlich? Und der Rest?

Und im umgekehrten Fall, wenn Jule so (oder so ähnlich) existiert, wie sie sich darstellte, oder zumindest nicht das Produkt von Markus‘ Phantasie ist – darf man ihm dann mit (dann ja unbegründeter) übler Nachrede das Leben kaputt machen?

Jules Blog und Twitteraccount sind inzwischen offline, bei archive.org kann man aber vieles nachlesen.

Welt-Autismus-Tag

Heute ist Welt-Autismus-Tag, ich grüße daher mal in die neurodiverse Welt im weiteren Sinne und die mitlesenden Autist*innen im Speziellen. Ich bin ja nach wie vor davon überzeugt, dass auch Saskia in irgendeiner Form ins Spektrum passt. Ob es nun Autismus ist (was die Fachleute ja bestreiten), AD(H)S oder ganz etwas anderes, weiß ich nicht – dass sie in mancher Hinsicht einfach anders tickt als andere, wird aber niemand, der sie kennt, bestreiten können.

Momentan läuft leider nichts so richtig gut. Von der Vorstellung, dass Saskia an ihrer aktuellen Schule einen Abschluss schaffen kann, haben wir uns verabschieden müssen. Ich gebe zu, das fällt mir schwer, weil ich eigentlich glaube, dass sie es schaffen könnte. Leider hat sie selbst keinen Antrieb zum Lernen und auch keine wirklichen Ideen, wo es mal hingehen soll. Wieder einmal steht die Werkstatt als Zukunft im Raum und noch immer halte ich die für eine Sackgasse. Aber was dann? Wir haben gerade mal wieder Kontakt zur zuständigen Reha-Beraterin der Arbeitsagentur aufgenommen, aber so ein richtig guter Plan fehlt eben. Mal sehen, ob das demnächst anstehende Gespräch mit Klassenlehrerin und Reha-Beraterin da etwas Licht ins Dunkel bringt. Und ansonsten weiterhin nach Praktikumsplätzen und Therapiemöglichkeiten suchen und nicht verzweifeln.

Schule – und wie weiter?

Wieder einmal stehen wir vor der Frage, wie es nach der Schule weiter geht. Oder auch erstmal in der Schule. Leider ist Saskia ja seit einiger Zeit so gar nicht motiviert, irgendetwas zu lernen. Und leider fliegt es ihr auch nicht zu, ohne dass sie etwas tut. Zwei Wochen lang Filter für Dunstabzugshauben zu falten und zu verpacken, fand sie sehr doof. (Ach was?!) Aber Ideen, was sie mach der Schule machen könnte, hat sie auch nicht. Schwierig, das Ganze. Für einen Schulabschluss sieht es leider derzeit sehr, sehr düster aus. Und uns gehen allmählich die Ideen aus.

Das Klassenteam ist der Meinung, ohne ESA (ehemals „Hauptschulabschluss“) wäre die Chance, von der Rehaabteilung der Arbeitsagentur gefördert zu werden, viel größer als mit Schulabschluss (denn dann könne sie ja – nach deren Meinung – eine normale Ausbildung machen). Ich weiß nicht, ob das so stimmt, mir ist beim Gedanken, dass mein Kind die Schule ohne Abschluss verlässt, sehr mulmig – weil ich Angst habe, dass es dann eben doch auf lebenslänglich Filter falten, Tüten kleben oder Stifte verpacken in der Werkstatt rausläuft. Und das will man doch nicht. Nur: Was dann?

Nächste Woche ist Elterngespräch, bin gespannt, ob uns das irgendwelche neuen Erkenntnisse bringt.

Gesundes neues Jahr!

Na, alle gut ins neue Jahr gekommen? Wir waren ja unter uns und hatten einen recht ruhigen Abend – mit ein paar Spielen an der WII, Dinner for one, Ofenkäse und ein bisschen Silvester-Fernsehprogramm.

Wir hatten kein Feuerwerk gekauft, allerdings von 2018 (?) noch ein paar Wunderkerzen und eine einzelne Feuerwerks-Batterie im Keller, die haben wir dann auch genutzt.  Ich mag das eigentlich ganz gern – einmal anzünden, dann eine Weile buntes Geglitzer – gefällt mir. Vor Corona haben wir meist 20-30 € / Jahr für Feuerwerk ausgegeben, für Dinge, die wenig Krach machen, aber schön anzusehen sind.

Feuerwek

Was andere hier teilweise veranstaltet haben, gefiel mir allerdings weniger – es ging schon am 29. vereinzelt los, ab 30. war dann Dauergeböller. Nicht wirklich „schlimm“, aber es war eine permanente Geräuschkulisse, wie ein Gewitter irgendwo in der Nähe. Ich lag irgendwann (am 30. gegen Mitternacht) im Bett und dachte so „Reicht jetzt mal wieder“ – es wurde die ganze Nacht geböllert, es ging gestern den ganzen Tag, heute ist weniger, aber komplett aufgehört hat es nicht. Da müssen Menschen tatsächlich hunderte Euro investiert haben für diese Dauerbeschallung.

Mir tun die Tiere leid, die teilweise völlig verstört sind. Mir tut die Umwelt leid und spätestens, wenn ich lese und sehe, was in Berlin (und auch anderen Städten) passiert ist, wie Rettungskräfte angegriffen werden, wie gezielt Sachen zerstört werden und wie unendlich viel Müll anschließend rumliegt … bin ich für ein Verbot von Feuerwerk in privater Hand. Dann lieber ein zentrales Feuerwerk, was von Profis veranstaltet wird – das ist schön anzusehen und hätte deutlich weniger schädliche Nebenwirkungen. Von mir aus darf es auch gern eine Laser- oder Drohnenshow sein statt Feuerwerk, das würde dann auch gleich noch das Feinstaubproblem entschärfen.

Jahresrückblick 2022

Mein Jahresrückblick auf das Jahr 2022.

Ganz grob auf einer Skala von 1 bis 10: Wie war Dein Jahr?

Anstrengend.

Es war einfach unheimlich anstrengend. Mir ist alles zu viel, ich komme gefühlt zu nichts, was mir Spaß macht und werde mit den Dingen, die getan werden müssen,  einfach nicht fertig. Ich bin ständig erschöpft und müde und kann trotzdem nicht gut schlafen, wenn ich mal ausschlafen könnte. 5:30 Uhr ist einfach viel zu früh, um aufzuwachen und nicht wieder einzuschlafen.

Wir begannen das Jahr mit dem Kampf um einen Schulplatz und eine Beförderung für Saskia und es dauerte bis Mai, bis alles in Sack und Tüten war. Im Januar wurde Saskias VNS ersetzt, was mir viel Fahrerei zwischen Wohnung und Krankenhaus bescherte und ihr eine einseitige Stimmlippenlähmung einbrachte, die uns leider noch immer begleitet. Immerhin ist die Anfallssitutation  deutlich besser als vor einem Jahr – die Entscheidung, das Gerät zu ersetzen, war also auf jeden Fall richtig.

Wir haben endlich das Thema „Dachschaden“ und Prozess abschließen können und im Frühjahr einen großen Betrag überwiesen bekommen.

Meine Mutti hatte etliche Male mit Herzrhythmusstörungen, Vorhofflimmern und Nierenproblemen zu tun und war zwischen Juli und Dezember insgesamt 6 mal im Krankenhaus – jedes Mal mit Notarzt und Blaulicht. Im Oktober gab es dann einen Schrittmacher und damit hoffentlich künftig deutlich weniger Notfälle.

Bei meiner Schwiegermutter ging es zwar nicht ganz so dramatisch zu, aber auch um sie haben wir uns Sorgen gemacht.

Aktuell begleiten uns wieder die Sorgen um Saskia und die Schule und wie es danach weiter geht. Sie hat leider derzeit an exakt gar nichts Interesse – außer an ihrem Handy – das macht das Leben und die Berufswahl nicht einfacher.

Insofern gebe ich dem Jahr eine 5.

Zugenommen oder abgenommen?

Zugenommen. Ich habe das höchste Gewicht seit … 52 Jahren. Ganz, ganz großartig. Nicht. Wie heißt es so schön: „Ich wollte dieses Jahr 10 Kilo abnehmen – fehlen nur noch 15.“

Haare länger oder kürzer?

Vermutlich etwa gleich. Die Haare wachsen so vor sich hin, gelegentlich schnipple ich mal an den Spitzen rum und wenn ich nichts mehr sehe, auch am Pony. Ansonsten die gleiche Frisur mit etwa der gleichen Länge wie seit Jahren.

Kurzsichtiger oder weitsichtiger?

Wie gehabt. Wenn ich zu lange auf Bildschirme gucke, brauchen die Augen eine Weile, um sich wieder auf andere Situationen einzustellen, besonders wenn das Licht nicht besonders ist.

Mehr Kohle oder weniger?

Mehr. Wir haben endlich große Teile unseres Geldes vom Dachschaden zurück bekommen und keine größeren Ausgaben gehabt. Im Oktober hat das „Getriebe“ (= die Mehrfachverriegelung) unserer Haustür nach 12 Jahren den Geist aufgegeben – das war (soweit ich mich erinnere) der einzige Handwerkereinsatz im Jahr.

Mehr ausgegeben oder weniger?

Wenig. Ob (noch) weniger als 2021 kann ich nicht mit Sicherheit sagen, aber ähnlich wenig wie damals.

Die teuerste Anschaffung?

Mir fällt tatsächlich nichts wirklich Großes oder Teures ein. Anfang des Jahres 2 Monitore fürs Homeoffice und zwei Tage vor Weihnachten ein neuer Drucker/Scanner, weil der alte streikt und sich nicht mehr einschalten lässt.

Mehr bewegt oder weniger?

Zu wenig.  Wahrscheinlich etwas mehr als im Vorjahr aber immer noch zu wenig für meinen Geschmack. Wir tanzen zwar ab und zu wieder, aber deutlich weniger als früher, es gab keine Veranstaltungen mit Vortanzen o.ä. und bei den Clubabenden ist momenten auch wenig los.

Die meiste Zeit verbracht mit?

Saskia und dem besten Ehemann von allen.

Vorherrschendes Gefühl 2022?

Sorge

  • im Großen: Um die Welt, den Klimawandel, die Ukraine, das desolate Gesundheitssystem und die Coronafolgen für die Gesellschaft
  • im Kleinen: Um Saskias Zukunft und um die Gesundheit meiner Mutti

2022 zum ersten Mal getan?

  • In Paris gewesen (darüber wollte ich eigentlich noch berichten)

2022 nach langer Zeit wieder getan?

Drei Dinge, auf die ich gut hätte verzichten können?

  • Viele Notarzteinsätze und Krankenhausaufenthalte bei meiner Mutti
  • Andreas TodKrebs ist einfach ein Arschloch!
  • Eine „ganz einfache“ Erkältung, die mich Ende November richtig umgehauen hat und mir seitdem schon wieder 5 Wochen Dauerhusten beschert.

Lieblingsblogs des Jahres?

Die gleichen wie in den letzten Jahren. Also bitte dort nachschauen.

Fazit:

Es war unheimlich anstrengend. Ich möchte bitte ein halbes Jahr Urlaub und einfach mal entspannen.

Größter Wunsch fürs kommende Jahr?

Das sind einige: 

  • Gesundheit für alle.
  • Weniger Motzerei und mehr Spaß im Alltag
  • Mehr Zeit mit Freunden.

Na ja – und Weltfrieden natürlich und sinnvolle Konzepte zum Umgang mit dem Klimawandel.

 

Ich wünsche uns allen ein gesundes neues Jahr!

2011, 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017, 2018, 2019, 2020, 2021

Atemlos durch die Nacht

… oder auch: Klassentreffen mit unerwartetem Ende 😉

1. Oktober 2022 – gut 5 Jahre sind seit dem letzten Treffen vergangen – Zeit für ein Klassentreffen. Unser 5. seit wir 1987 die Schule verlassen haben.

Da ich ja schon lange nicht mehr in Leipzig wohne und inzwischen auch meine Mutti hier im Norden lebt, hieß es für mich zunächst: Zimmersuche für die Übernachtung. Ich hatte mich aus verschiedenen Gründen erst recht spät gekümmert und stellte fest: Langes Wochenende und ein Bundesliga-Fußballspiel in Leipzig sind eine ungünstige Kombination, wenn man ein bezahlbares Hotelzimmer für eine Nacht sucht. 450 € wollte ich dann doch eher nicht ausgeben. Nachts zurückzufahren schien auch nicht wirklich erstrebenswert, also die Ex-Mitschüler:innen gefragt, ob mir jemand Asyl bieten könne. Ich bekam ein freies Kinderzimmer angeboten, buchte meine Fahrkarten und packte meinen Rucksack mit den Dingen, die man halt so braucht für 1,5 Tage. Er war erstaunlich schwer, aber ich hatte ja nicht vor, damit großartig durch die Gegend zu laufen.

Das Klassentreffen begann mit 10 Leuten am Nachmittag im Garten einer Ex-Mitschülerin (nennen wir sie B. – sie war auch meine Zimmer“wirtin“ für die kommende Nacht) – bei Kaffee, Kuchen und (aufgrund der nasskalten Witterung) Glühwein. Wir hatten Spaß und zogen am frühen Abend in eine Gartenkneipe eines Kleingartenvereins etwa 1,5 km entfernt um. Dort trafen wir weitere Ex-Mitschüler:innen und erstmals seit 35 Jahren auch die Menschen aus der Parallelklasse, die in der Vergangenheit kein einziges Klassentreffen gehabt hatten. Wir waren schließlich etwa 30 Leute (ca. 15 pro Klasse) und hatten einen sehr netten Abend mit sehr viel „Weißt du noch …?“ „Wie hieß eigentlich der Lehrer, der damals …?“ „Und wer ist das eigentlich auf dem Foto hinter A.?“

Gegen Mitternacht wurden wir dann gebeten, allmählich zu bezahlen, gegen 1 verließ ich mit B. und Y. als eine der Letzten das Lokal, wir gingen zurück zu Bs Garten, wo ihr Auto stand, das uns zu ihrer 7,5 km entfernten Wohnung bringen sollte. Y. verabschiedete sich unterwegs und stieg aufs Fahrrad. Wir liefen zum Auto und stellten fest, dass leider das Licht brannte. Das Auto zeigte sich dann auch entsprechend unwillig, als wir versuchten zu starten. Nach ein paar Versuchen gaben wir auf. Und nun? Rufen wir uns eben ein Taxi. Leider nahm in der angerufenen Taxizentrale niemand ab, obwohl B. es ziemlich lange klingeln ließ. Wir liefen zurück zur Hauptstraße, in der Hoffnung, irgendwo ein freies Taxi zu treffen, aber die Straßen waren wie leer gefegt. Es war inzwischen kurz vor 2, ich trug die ganze Zeit meinen relativ schweren Rucksack spazieren und allmählich wollte ich doch mal in ein Bett. Leipzig ist ja nicht so riesig, ich bin in meiner Jugend durchaus nachts mit meinem damaligen Freund von Connewitz nach Leutzsch gelaufen, aber in diesem Moment hatte ich dazu irgendwie nicht die ganz große Lust.

Unterwegs waren uns Mietfahrräder begegnet und ich hatte noch festgestellt, dass die in Leipzig offenbar einfach irgendwo am Straßenrand stehen und nicht – wie hier im Norden – nur an entsprechenden Stationen. B hatte die entsprechende App auf dem Handy und wir fanden Rad Nummer 1 ein paar hundert Meter entfernt, Rad Nummer 2 noch ein Stückchen weiter. Also aufgestiegen und losgeradelt. „Straße oder durch den Clara-Zetkin-Park? Straße ist deutlich weiter…“ Also durch den Park. Ich gebe zu, die ganz dunklen Ecken hätte ich nicht unbedingt gebraucht, ansonsten fand ich die Situation ja schon sehr lustig. Allerdings auch ziemlich anstrengend. Ich fahre ja seit Jahren kaum Fahrrad (höchstens, wenn gerade mal wieder die U-Bahn nicht fährt) und so war ich recht schnell außer Atem. (Hatte ich den schweren Rucksack schon erwähnt?) Irgendwann kamen wir aber in der Südvorstadt an. (Oder gehört die Straße schon zu Connewitz? Ich glaube nicht.) Wir standen vor der Haustür und B. meinte: „Du, ich muss dir übrigens noch was sagen.“ „Schon klar, du wohnst im 5. Stock ohne Aufzug“, antwortete ich. Es war letztlich zwar „nur“ der vierte (dafür Altbau mit entsprechend hohen Etagen), aber ich war dann doch einigermaßen durch, als wir kurz vor 3 endlich in der Wohnung ankamen.